Der Tod

Eigentlich konnte man wegen fast allem verhandeln, nur der Tod war unerbittlich. Wenn man nicht ins Bett gehen wollte, sondern lieber spielen, wenn man kein Gemüse essen wollte oder das Müsli ohne Rosinen, dann konnte man darüber diskutieren, und es gab Kompromisse, die man finden konnte.
Nur der Tod kam einfach so, ohne dass er sich angemeldet hatte oder ohne, dass er eingeladen wurde. Er nahm keine Rücksicht darauf, was er kaputt machte, und war für überhaupt nichts gut. Er machte keine Kompromisse. Er interessierte sich nicht dafür, wenn ich sagte: „Warte doch bitte noch ein bisschen“, und deswegen hasste ich ihn. Er interessierte sich noch nicht mal dafür, dass ich ihn blöd fand. „Ich habe doch Leben gesagt“, schrie ich ihn an, und mein Kopf wurde ganz rot vor Wut. Das war dem Tod egal.
„So will niemand dein Freund sein“, sagte ich zum Tod und schüttelte verärgert mit dem Kopf, so wie das die Erzieherinnen im Kindergarten sagten, wenn ein Kind die anderen nicht mitspielen lassen wollte oder wenn ein Kind ein anderes haute oder biss. „So will niemand dein Freund sein.“ Der Tod war der einzige, den das nicht interessierte, vielleicht, weil er nicht gekommen war, um Freunde zu finden.

 

 

2 Gedanken zu “Der Tod

  1. Oh, ein faszinierendes buch, vom tod geschrieben ist die bücherdiebin…der tod ist der tod, er ist nicht fassbar, und unausweichlich. Ich bin wütend auf das leben und die welt, …

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